Bergfahrt

Viele haben sicherlich schon einmal vom Atlas Gebirge gehört, doch auch wir waren uns nicht immer sicher, wo das liegt. Jetzt haben wir es mit eigenen Augen gesehen. Es gibt es, und es gibt auch viele Berge mit hohen Pässen und engen Kurven. Das könnte der Traum eines machen Eifel-Motorrad-Fahrers sein, nur sind wir hier in Marokko, wo es erstens keine Eifel gibt und zweitens die Straßenverhältnisse etwas anders sind. Die Straßen an sich sind in ausgesprochen gutem Zustand, sofern wir das beurteilen können, nur haben wir hier nicht immer ausreichende Sicherungen in den Haarnadelkurven und wir sind mit dem Verhalten einiger Straßenteilnehmer nicht ganz vertraut. Insgesamt haben wir also Vorsicht walten lassen auf der gesamten Strecke über den Hohen Atlas. Gerade die LKWs und Transporter fuhren bergauf oft nur mit 20km/h und bergab dafür mit fast 90km/h. So kam es, dass gerade die Einheimischen Autofahrer oft halsbrecherische Überholmanöver durchführten und dabei nicht nur sich selbst sondern auch andere in Gefahr brachten. Hinzu kam noch Carinas Höhenangst die in der Kombination mit der Passstraße am direkten Abgrund nicht hilfreich ist. Dennoch hat Sie es meisterhaft bewältigt, ohne aufzugeben und hat uns sicher bis nach Skoura im Anti Atlas geführt. Doch für die Fotos in diesem Teil war so nur Mathias zuständig, der sich bis zum Rand des Abgrundes gewagt hat, um ein paar schöne Fotos zu machen, während Carina lieber mit verschlossenen Augen auf dem Motorrad sitzen blieb. Dafür hatte Mathias etwas Probleme mit der Höhe im Allgemeinen, da wir doch recht schnell auf 2182 Meter hoch gefahren waren. Wieder in der Ebene angekommen, trafen wir an einer Tankstelle doch tatsächlich zwei deutsche Frauen, die sich ein Auto gemietet hatten und damit durch Marokko fuhren. Allerdings schienen sie kaum Französisch zu sprechen und verschanzten sich nachdem sie mit uns gesprochen hatten direkt wieder im Auto, um nicht zu viel mit den Einheimischen sprechen zu müssen.

 

Wir könnten jetzt sehr viel die Landschaft, die tollen Eindrücke und Panoramaausblicke beschrieben doch wir wollen es heute mal mit ein paar Bildern versuchen.

 

In Skoura angekommen, haben wir das Kasbah, wo wir ein Zimmer reserviert hatten, natürlich nicht gefunden. Dieses Mal hatten wir nämlich weder GPS Koordinaten, noch eine Adresse. So mussten wir mitten im Ort anhalten und wurden direkt von allen möglichen Einheimischen belagert, die natürlich alle eine ganz tolle Schlafmöglichkeit oder ein super Restaurant oder eine ganz fantastische Führung durch die Palmerie für uns im Angebot hatten. Doch als wir das Handy zückten und bei unserem Gastgeber angerufen hatten, legte sich das Interesse dann sehr schnell und wir konnten in Ruhe warten, bis wir dort abgeholt wurden.

 

Angekommen in unserer Unterkunft mussten wir doch staunen, wie klein die Kasbahs hier von außen wirken und wie groß sie von innen sind. Unser Zimmer ist dieses Mal zwar nicht so groß, wie die letzten, aber doch völlig ausreichend. Dafür wohnen wir hier bei einer sehr netten Familie, die für alles sorgt und sowohl abends, als auch morgens bekommen wir ein tolles einheimisches Essen serviert, mit allem was das Herz begehrt. Die meisten Zutaten dafür kommen aus dem Garten der Familie. Dieser ist umrundet von einer Mauer und in der Mitte steht das Haus, inklusive einer tollen Dachterasse. Die Motorräder können hier sicher im Innenhof stehen und wir können uns im ganzen Haus frei bewegen, wie zu Hause. Es ist sehr interessant gemeinsam mit der Familie hier zu leben. So bekommen wir viele Einblicke in das Leben der Einheimischen und können all unsere Fragen zu den Besonderheiten einfach stellen. So wird beispielsweise, wenn Tee serviert wird immer mindestens ein Glas mehr dazu gestellt, falls noch jemand vorbei kommt. Ebenfalls haben wir gelernt was die Unterschiede zwischen einer Herberge (Auberge), einem Hotel und einem Kasbah sind. Ein Hotel und eine Auberge sind standardisierte Unterkünfte mit einem geregelten Tagesablauf (Ceck-In, Check-Out, Frühstück) und einheitlichen Zimmern. Bei einer Auberge sind es normalerweise ca. 12 Zimmer wogegen ein Hotel mehr hat. Das System der Auberges ist auch erst seit dem Jahr 2000 landesweit etabliert, als der neue Minister für Tourismus ein neues Programm zur Tourismus-Förderung aufgestellt hat. Die Kasbahs, die vorwiegend in Südmarokko zu finden sind, hingegen sind eine Institution die viele Jahrhunderte eine ähnlich und doch andere Funktion als heute erfüllten. Damals waren Sie Unterkünfte für Karawanen. Karawanen wurden damals von mehreren Familien (ca. 3-5) ausgestattet und unterhalten. Als Raststationen und zur Verteidigung der Güter- und Wasservorräte wurden entsprechend kleine Burgen errichtet; die Kasbahs. Bei dieser Gelegenheit haben wir auch gelernt, dass die Größe der Kasbahs von der Anzahl der betreibenden Familien abhing, da jede Familie seinen eigenen Bereich (Turm) hatte. So konnte man auch von weit her erkennen, wie viele Familien das Kasbah betrieben. Heute werden Zimmer in den Gebäuden auch an Touristen vermietetet und die Kasbahs gehören meistens auch nur noch einer Familie. So kommt es vor, dass mehrere dieser Gebäude an einer Oase liegen, da jede Familie jetzt sein eigenes „Gutshaus“ hat. Wir leben also gerade in einer Art Bauernhaus – im Hintergrund mähen gerade übrigens die Schafe. Außerdem gibt es noch Hühner, Katzen und als Mitbewohner haben wir auch noch eine Heuschrecke. Der Garten bietet hier alles von Möhren über Feigen, Datteln und Mais. Dafür scheint es hier schon mal öfter kurz Stromausfall zu geben. So stand Mathias plötzlich mit halb geschnittenem Bart im dunklen Bad und war doch etwas verzweifelt. Aber zum Glück ist der Stromausfall immer schnell wieder vorbei, so dass es einen nicht wirklich beeinträchtigt.

 

Außer uns haben wir bisher nur vier weitere Gäste getroffen. Ein deutsches Pärchen, ebenfalls mit einem Motorrad und ein französisches Pärchen, als Backpacker unterwegs. So ist es hier in unserer Unterkunft angenehm ruhig.

 

Nach einem tollen drei Gänge-Menü sind wir am Abend erschöpft von der Bergreise ins Bett gefallen.