Die Wüste ist ein Gebiet der Extreme. Tagsüber warm bis heiß, Nachts kühl bis eisig. Aufgrund der Jahreszeit und den derzeitigen meteorologischen Gegebenheiten haben wir wohl eine dritte Variation kennen lernen dürfen: Tagsüber frisch und Nachts sehr eisig. Die hiesigen Gebäude sind nicht unbedingt für kalte Temperaturen gebaut und so sind auch keine Heizkörper vorgesehen. Ausgestattet mit zwei mobilen Heizkörpern versuchen wir abwechselnd immer den Raum warm zu halten den wir bewohnen möchten. In der ersten Nacht ist uns dies noch nicht wirklich gelungen und irgendwie war es sehr kalt. Mathias hat dann den Tag auch direkt etwas angeschlagen mit wenig Stimme und Halsschmerzen verbracht. Die Aussicht auf Sandpiste und Wüste hat Ihn aber für den Tag mobilisiert.
Ein Frühstück auf der (vermeintlich) warmen Veranda mit Morgensonne stärkte uns für den Tag und wir schmiedeten eifrig Pläne. Heute wollten wir einen kleinen ersten Test für uns und die Motorräder in Bezug auf Pistentauglichkeit vornehmen. Hierfür hatten wir uns eine kleine Strecke nördlich von Douz, in den Ausläufern des Chott El Jerid ausgesucht, die laut Roadbook leicht zu befahren ist und keine sonderlich große Anstrengung darstellen sollte. Einzige Besonderheiten: 1. Es gibt nur eine Einstiegskoordinate und eine Ausstiegskoordinate aus der Piste – dazwischen liegen Palmenhaine die durch die Bewirtschaftung den Pistenverlauf immer mal wieder verändern und einem großen Labyrinth ähneln, 2. Bei vorangegangenem Regen kann die Piste unbefahrbar sein – diesen Teil haben wir galant überlesen denn Regen hatten wir gestern ja keinen gesehen – was für ein Fehler. Nach diversen Vorbereitungen machten wir uns mit leichtem Gepäck auf in Richtung Einstiegskoordinate.
Auf dem Weg begegnete uns noch eine deutsche Enduro-Gruppe. Die Ersten schossen rechts aus einer Zugangsstraße heraus ohne viel Rücksicht auf irgendwas oder -wen. Tempo 30 bzw. 50 km/h in der Wohnsiedlung schien den Fahrern absolut egal und als sich ein LKW etwas langsamer durch die engen Gassen schlängelte wurde auch noch schnell rechts über den Bürgersteig, zwischen Hauswand und Laterne überholt. Der eine Fahrer wäre auch fast noch von seiner, für ihn viel zu großen, Crossmaschine gefallen, konnte sich im letzten Augenblick aber noch mit einer „das muss so aussehen“-Verrenkung retten. Der zweite Teil der Gruppe wartete an der Tankstelle mit sehr nervösem Gashahn um dann gemeinsam loszufahren. Vielleicht sind wir zu spießig, aber das hat uns wieder einmal gezeigt, dass die Abneigung so mancher Einheimischer gegen Motorradfahrer doch seine Berechtigung hat. Wir sind vielleicht nicht die geborenen Motocrossfahrer und können das Gebaren nicht nachvollziehen, aber ein wenig Respekt gegenüber den Menschen und der Umgebung stehen, so glauben wir, jedem Besucher gut zu Gesicht, egal ob Motocrosser oder Motorradreisender.
Den Einstieg in die Piste haben wir ohne Probleme gefunden und auch die ersten Kilometer auf Schotterpiste haben wir gut gemeistert. Schließlich ging der Schotter in Sand und der Sand in Salzschlamm über. Es hatte vielleicht gestern nicht geregnet aber der Salzsee, jetzt ein Salzmoor, speichert offenbar ganz gut das Wasser. Wie wir abends, an PC und Karte, feststellten passierte uns dann noch ein Navigationsfehler der uns in eine Sackgasse fahren ließ. Diese war eine ziemlich schlammige Piste die auch nicht mehr wirklich nett zu fahren war. Zwei Stürze später und mit einem Spiegel weniger stellten wir fest, dass der Weg zu Ende war und wir umdrehen mussten. An dieser Stelle wurde gerade die Entwässerungsanlage für einen weiteren Palmenhain angelegt, stellte aber keine Verbindung zu der von uns angestrebten Route her. Etwas entnervt, da der Tag doch eigentlich recht gut angefangen hatte, mussten wir uns eingestehen, dass wir besser umkehren sollten und entweder die richtige Strecke noch irgendwie ausmachen oder aber denselben Weg zu nehmen. Es lief auf die letztere Option hinaus, was aber nicht weiter schlimm war. Zurück über schlammige Pisten und vorbei an kläffenden Hunden, die uns ein Stück verfolgten, fanden wir unseren Weg zur Hauptpiste. Im kleinen Ort Jemna angekommen, erwartete uns auf der schmalen Straße eine riesige Gruppe Schulkinder, die anscheinend gerade Schule aus hatten. Sie wollten Geld von uns und probierten uns zum Anhalten zu bewegen. Winkend schlängelten wir uns vorsichtig aber zielsicher durch die Kindergruppe und taten so, als hätten wir sie leider nicht verstanden. Unser Ziel die Pistentauglichkeit zu testen hatten wir erreicht (wenn auch mit kleineren Verlusten) und konnten mit einer gewissen Zufriedenheit nach Hause zurückkehren.
Nach einem schnellen Einkauf, bei dem wir dem armen Geschäftsinhaber mit unseren Stiefeln alles wieder dreckig machten, ließen wir den Tag ausklingen. Mathias baute noch – endlich – die Spiegel von den Motorrädern ab um weitere Kollateralschäden zu vermeiden und Carina befreite Ihr Motorrad ein wenig vom Salzschlam. Einmal getrocknet ist dieses Salz-Sand-Wasser-Gemisch eine unglaublich hartnäckige Mixtour. Mathias hat übrigens andauernd das Gefühl entweder in einem Sandkasten zu fahren oder auf einer riesengroßen Baustelle. Absolut ungewohnt so viel Sand zu haben. Morgen wollen wir mal sehen wie sich sanftes Dünenfahren macht. Wir freuen uns schon.