Ksar Ghilan

Gestern und heute waren wir auf dem Weg weiter in die Wüste. Das Ziel war die heiße Quelle Ksar Ghilan. Inmitten der Wüste erscheint aus dem Wüstensand recht unerwartet die Oase. Umgeben von Bäumen befindet sich die Quelle mit seinem angenehmen warmen Wasser. Neben der Quelle gibt es noch ein Fort aus der Zeit der französischen Besatzung.

Obwohl wir vom Tag zuvor noch ziemlich müde waren quälten wir uns bereits um 06:30 Uhr aus dem Bett, um uns, wie am Tag zuvor verabredet, mit unserem Koch von der Kameltour auf dem Markt zu treffen. Auf dieser Tour wollte uns dieser Begleiten und da Tunesier lieber zu zweit reisen, hatte er auch noch einen Freund dabei der, so wollte es der (geplante) Zufall, Zweirad-Mechaniker war. Auf dem Markt angekommen besorgten wir uns alles Notwendige für die kommenden zwei Tage und besuchten noch den Tiermarkt, der traditionell immer donnerstags stattfindet. Auf dem Tiermarkt hätten wir so manches Schaaf, Kaninchen, Pferd oder Maultier erwerben können, blieben aber aufgrund des Platzmangels auf unseren Motorrädern, beim Betrachten des geschäftigen Treibens. Nach dem Markt fuhren wir noch schnell bei unserem Haus vorbei und schmissen alle notwendigen Utensilien für die Fahrt in die Packsäcke und schnallten ein paar der Aluboxen an Mathias Motorrad.

So trafen wir uns um ca. 11:00 Uhr mit unserem „Guide“ Abdalla und seinem Mechaniker-Freund. Abdalla kam mit seinem neunen „mobilette“ (Roller), der noch mit munteren 30 bis 50 Stundenkilometer die Pisten entlangfegen sollte. Sein Kumpel hatte leider sein „mobilette“ nicht mehr für die Fahrt fertig bekommen, wollte aber dennoch gerne mitkommen, um auch seinen “Motorradanzug“ einmal auftragen zu können. So nahm dieser hinter Mathias auf dem Motorrad Platz, mit Motorradschutzkleidung aber ohne Handschuhe und Schutzhelm (es sei denn wir bezeichnen eine Mütze und eine Kapuze sowie ein Visier aus einer Sonnenbrille als Helm). In Deutschland wären wir sicherlich so nicht weit gekommen, in Tunesien aber ist dies Normalität. Vor der Abfahrt hatten Carina und ich uns noch gefragt, wie Abdalla all seine Sachen, sowie Vorräte und Kochutensilien auf seinem „mobilette“ transportieren wollte. Kurz gefasst kann man sagen: Es geht einfach. Es muss nur ein wenig am Sitzkomfort und der Balance des Fahrzeugs eingespart werden sowie etwas weniger Federweg in Kauf genommen werden und dann geht das ganz locker.

Munter ging die Fahrt über die Schnellstraße los und wir wurden mit der Entdeckung der Langsamkeit konfrontiert. Wo wir Innerorts noch hofften, dass das „mobilette“ tatsächlich, wie versprochen, ca. 90 km/h fahren kann, mussten wir ernüchtert feststellen, dass 50 km/h tatsächlich ein guter Durschnitt sein würde und 60 km/h die Spitzengeschwindigkeit darstellte. Wie wir weiterhin bemerkten war Abdalla dann doch ein recht verträumter Fahrer und fuhr gerne mal freihändig und variierte seine Geschwindigkeit sehr stark von 30 km/h zu 60 km/h ohne ersichtlichen Grund. Carina, die direkt hinter Ihm fuhr schien von Minute zu Minute schlechter gelaunt zu werden. Das Tempo lies nicht erhoffen das wir das 150 km entfernte Ksar Ghilan vor Einbruch der Dunkelheit erreichen würden und die Geschwindigkeitsvolatilität erforderte, neben den Schlaglöchern, ein bisschen viel Aufmerksamkeit, um die Landschaft noch genießen zu können. Der Mühe erster Lohn war der Besuch der Familie des Motorradmechanikers. In Tunesien haben diese Woche die Ferien begonnen. Viele Familien der ehemaligen Nomaden zieht es zu dieser Zeit wieder in die Wüste. So werden die Zelte gepackt, sowie Vieh und Hof verpackt und in der Wüste wieder errichtet. So verbringen die Familien Ihre Ferien in der Wüste. Wir hatten das Glück das die Familie noch in der Nähe von Douz war so, dass wir diese besuchen konnten. Ein freudiges Hallo der Familie später saßen wir in einem Berberzelt bei Schafsmilch, Wüstenbrot und Datteln und durften uns erst mal erfrischen. Zu diesem Zeitpunkt war es 13:30 Uhr und wir waren noch frohen Mutes noch gut in der Zeit zu sein. Die Frauen redeten unglaublich viel mit Carina, die auch mit Ihrem Uni-Arabischkurs, nur sehr wenig bis gar nichts verstand was Ihr mitgeteilt wurde. Einige Fotos und wieder viel Hallo später verabschiedeten wir vier uns und machten uns weiter auf unseren Weg. Die Kombination der Fahrzeuge muss ein lustiges Bild abgegeben haben. Vorweg ein Roller mit einem unverkennbar surrenden Motor, dahinter ein Motorrad mit einer Frau am Steuer und darauf folgend eine blaues Motorrad mit einem Fahrer in Enduromontur und einem Sozius in schwarzer Motorradmontur, ohne Helm oder sonstiger Schutzbekleidung. Die Karawane zockelte ich in einem Tempo zwischen 30 und 60 km/h durch die Wüste in Richtung Oase.

Als Straßenhighlight entpuppte sich dann noch eine „Abkürzung“, die unser rollerfahrender Führer unbedingt unter seine dünnen „Nicht-Stollenreifen„ nehmen musste. Die Piste fing sehr angenehm an und ist in manchen Karten sogar als absolut reguläre Straße aufgeführt. In unseren Navis hingegen hatten wir zu dieser Straße mehrere Pistenvorschläge eingezeichnet, die sich in einem glichen und zwar in der Bezeichnung „unpaved road“. Nun ist der Begriff sicherlich unterschiedlich zu gebrauchen, aber die von uns befahrene Straße war ein Sammelsurium aus unterschiedlichsten Pistenbeschaffenheiten. Spitze Steine, glatter Fels, tragender Sand und sehr viel weniger tragender Fesch-Fesch bildeten die Fahrbahndecke. Für das überladene „mobilette“ war das Geröll wohl recht gut geeignet hauptsächlich wohl wegen des leichten Gewichtes des Fahrzeugs. Carina fuhr locker leicht im Stehen, wie sich das gehört, über die Piste und Mathias balancierte im Sitzen, mit Sozius und mit Alukoffern sowie neben einem vollen Haupttank auch noch 12 Extralitern in den Zusatztanks über das abenteuerliche Gelände der Abkürzung. Endurospaß sah für Mathias sicherlich anders aus aber entgegen der dramatischen Darstellung war es dann doch absolut machbar. Lediglich die Länge von ca. 30 km war dann doch etwas anstrengender mit einem Schnitt von 22 km/h. Über Motorradschäden, platte Reifen oder Ähnliches machten wir uns keine Gedanken, hatten wir doch geistesgegenwärtig alles mitgenommen was nötig war: Werkzeug, Ersatzteile, Reifenflicken, Handpumpe und Zweiradmechaniker.

Wieder auf einer regulär asphaltierten Straße angekommen rollten wir also weiter gemächlich in Richtung Ksar Ghilan. Kurz vor dem nächsten Café (wie praktisch) stellte Abdalla dann fest, dass sein Hinterreifen wohl platt war. Da war die Buckelpiste vielleicht doch nicht ganz das Geeignete gewesen.  Während er und sein Kumpel das Hinterrad reparierten und hierbei gerne unser Werkzeug nutzten, durften wir nicht helfen, sondern sollten einen Tee trinken. Es gibt tatsächlich schlimmeres, um sich die Zeit zu vertreiben.

Noch 80 Kilometer bis zum Ziel. Nach der schnellen Reifenreparatur machten wir uns in gemächlichem Tempo auf unser Ziel doch noch zu erreichen. Die Uhrzeit war schon etwas fortgeschritten und es war schon fast 16:30 Uhr. Wer schon einmal in der Wüste war weiß, dass es aufgrund der Dunkelheit, Straßenbeschaffenheit und der Kälte nicht ganz so ratsam ist im Dunkeln zu fahren oder sein Lager errichten zu müssen. Wir wollten also ankommen. 30 Kilometer vor dem Ziel bog unser Führer wieder auf eine Piste ab. Leicht entnervt blieben wir an der Straße stehen wohingegen Abdalla langsam aber sicher am Horizont verschwand. Sein Kumpel hatte wohl eher verstanden, warum wir lieber unser Ziel erreichen wollten und obwohl er nur Arabisch konnte, konnte er unsere Sorge verstehen. Nach kurzer Zeit erschien Abdalla wieder am Horizont und zockelte wieder in unsere Richtung. Wie wir herausfanden, wollte er uns noch eine weitere heiße Quelle zeigen. Doch unsere Geduld war etwas strapaziert, weswegen wir es vorzogen den Weg in Richtung Ksar Ghilan fort zu setzen.

 

Der Mühe weiterer Lohn war die Ankunft in der Oase. Ohne das man damit rechnen könnte erschienen plötzlich Baumwipfel am Horizont und desto näher wir der Quelle kamen desto grüner wurde es. Wir bevorzugten es an diesem Tag die Möglichkeit einer Übernachtung in einem der Berberzelte auf dem Campingplatz zu nutzen, um noch ein wenig die restliche abendliche Sonne genießen zu können. Nach einem abenteuerlichen Abendessen mit gegrillten Schaafs-Innereien und anderen Delikatessen, die wir aus Höflichkeit probierten aber nicht unbedingt in unseren Speiseplan integrieren möchten, zogen wir uns für die Nacht zurück.

Am nächsten Morgen mussten wir das warme Quellwasser testen und bestaunten die Fahrkünste einiger europäischer Besucher. Auffällig war, dass die Oase fast ausschließlich von abenteuerlustigen, meist männlichen Mit-50ern auf Motorrädern besucht wurde. Wir schienen den Altersschnitt tatsächlich ziemlich herunter zu ziehen. Auf dem Parkplatz des Campingplatzes standen schon bei unserer Ankunft eine ganze Reihe (übrigens gerade frisch geputzter) BMW 1200 GS aus Italien. Deren Besitzer nutzten den heutigen Morgen, um noch ein Andenkenfoto im Saharasand zu schießen. Zu unserer Belustigung schafften Sie es aber meistens nicht weiter als ein paar Meter in die Auffahrt zum Dünenfeld. Umkippen und Festfahren waren dann doch das fotografisch Interessanteste, was der kleine 1200 GS-Ausflug zu bieten hatte. Vielleicht ist eine 1200er BMW doch nicht das ideale „Wüstentier“?!

 

Unsere Begleiter hatten in der Oase viele ihrer Freunde wiedergetroffen und wir einen tollen Ausflug zu den heißen Quellen gehabt. So konnten wir alle zufrieden wieder in Richtung Douz aufbrechen. Auf dem Rückweg bevorzugten Carina und Mathias die geteerte Straße und Abdalla beschloss den Pistenritt alleine zu versuchen. In der Tat war Abdalla dieses Mal ziemlich schnell unterwegs und kam nur ca. 30 Minuten nach uns am verabredeten Treffpunkt (Piste und Schnellstraße) an. Den restlichen Weg fuhren wir dann etwas zügiger in Richtung Douz und erreichten am frühen Nachmittag unser Feriendomizil.

Abends wurden wir dann noch von unserem Vermieter eingeladen einem Teil einer tunesischen Hochzeit beizuwohnen. Hierzu wurden um ca. 21:00 Uhr auf einer Straßenkreuzung einige Lautsprecherboxen samt Kapelle aufgebaut und Teppiche als Sitzgelegenheiten bereitgestellt. Gegen 22:00 Uhr hatte sich bereits eine ansehnliche Menschenmenge versammelt und das Brautpaar wurde getrennt voneinander auf den Platz gebracht. Die Sitz- und Stehordnung war recht eindeutig. Rechts die Frauen, links die Männer und die Kinder überall. Wir als Touristen mischten irgendwo in der stehenden Männerabteilung mit. Einziges Highlight dem wir beiwohnen konnten waren die Mitgiftgeschenke, die die männliche Verwandtschaft dem Brautpaar machte. Hierzu wurde ein Halbkreis um einige tanzende Männer gebildet und reihum wurden Geldgeschenke an einen männlichen Tänzer verteilt, die dann von einem Familienmitglied wieder eingesammelt wurden. Der Bräutigam wie auch die Braut hatten nichts weiter zu tun als zu zusehen. Ebenfalls hatten die Frauen keine weitere Aufgabe außer dabei zu sitzen. Sicherlich hat die Hochzeit noch diverse andere Facetten gehabt, aber für uns wurde es Zeit doch ein wenig Schlaf zu nach zu holen.

 

Morgen ist Ruhetag. 🙂

 

1 Kommentar

  1. Quelle belle histoire vous avez raconté. Tout le monde souhaite de passer les mêmes vacances dans le désert avec un mécanicien sur son mobilette, avec un bon répas dans l´oase et voir un marriage oriental, lol.
    j´epère vous êtes en bonne santée parce que toute la famille attend vos retour, enfin, malheureusement encore une semaine reste. Chez nous tout va bien en attendant de revoir les berbères très bientôt. Bon voyage salam beslema Claudia 🙂

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